Wahl… Oh… Unbehagen 6
Weiter geht es mit unserer Besprechung des Parteiprogramms der FDP, zur Bundestagswahl des Jahres 2017. Heute geht es mit den Themenbereichen Freiheit, Menschenrechte, internationale Politik, Russland, NATO, Türkei und Spionage weiter. Bald geht es weiter.
Was die Sanktionen gegen Russland angeht so kann ich auch noch hinzufügen, dass die in Wirklichkeit kaum was bringen. Mein Vater arbeitet als Selbstständiger auch mit russischen Firmen zusammen und hat sogar schon Hilfe von deutschen Ämtern bekommen, die ihm zeigten wir er seine Sachen bezeichnen muss, damit er sie an den Sanktionsbestimmungen vorbei verkaufen konnte. Und so oder so hat sich die Situation in Russland nicht gebessert würde ich sagen seit die Sanktionen in Kraft getreten sind. Damit verstärkt man nur die Isolation und die autoritären Tendenzen.
Bei der Nato muss ich aber sagen, dass ich die an sich gut finde. Militärbündnisse und vor allem Verteidigungsbündnisse sind durchaus ein Garant für Frieden. Normans Äußerung, dass man halt nicht mehr gegeneinander sondern miteinander gegen andere Krieg führt, finde ich in dem Zusammenhang so ziemlich am Sinn und Ziel der Nato vorbei. Es dient halt primär dazu sich nicht untereinander zu bekämpfen, so unterschiedlich Ansichten auch sein mögen. Und zum anderen, dass Mitglieder oder Verbündete der Nato nicht angegriffen werden, auf Grund der militärischen und auch politischen Macht mit der man sich dann anlegen würde. Man kann die Nato auch gerne noch weiter öffnen, meinetwegen auch für Russland.
Und auch bei dem Freihandel muss ich widersprechen. Gerade für Dritte-Welt-Länder wäre ein internationaler zollfreier Verkehr von Waren tödlich. Dann müssten afrikanische Bauern mit der hochsubventionierten Landwirtschaft Europas konkurrieren, wo sie selbstverständlich keine Chance hätten. Die EU erpresst einige Staaten ja bereits mit den EPAs, in dem sie sagen: „Entweder ihr öffnet euren Markt für unsere Waren oder eure bekommen extreme Strafzölle.“ Da die Europäische Union der Hauptabnehmer für viele Güter aus Afrika ist haben die Länder eigentlich keine Wahl.
Du hast vollkommen Recht damit, dass die EU-(Landwirtschafts-)subventionen vollkommener Mist in Bezug auf die freien Märkte sind, die dadurch eben nicht mehr frei sind.
Irre sind übrigens auch die mittlerweile derart geringen Logistikkosten, die dafür sorgen, dass es günstiger sein kann, Waren um die halbe Welt zu verschiffen oder zu fliegen, als sie zu Hause anzubauen.
Freihandel finde ich letzten Endes dennoch nicht schlecht, aber wahrscheinlich nicht immer super. Zölle können schon ihren Sinn haben, aber sie schaukeln sich leider auch gern immer weiter hoch. Land A erhebt einen Zoll auf manche Produkte aus Land B, woraufhin Land B einen Zoll auf manche Produkte aus Land A erhebt, woraufhin wieder Land A einen Zoll auf manche Produkte aus Land B erhebt… Man kann sich vorstellen, wie es weitergeht.
Ich muss übrigens gestehen, dass mir absolut nicht viel einfällt, wie sich viele Dritte-Welt-Länder selbst aus ihrer Lage befreien könnten oder wie andere das schaffen könnten. Die Lage dort ist oftmals wirklich prekär. Teilweise lohnt es sich kaum, etwas aufbauen, da alles nach kurzer Zeit im Bürgerkrieg zerstört oder geraubt wird, anderswo kann man nicht mal etwas aufbauen, da einem die Gelder, die Ressourcen oder überhaupt die Möglichkeiten fehlen. Arbeitskräfte sind da, aber oftmals aufgrund mangelnder Bildung nicht in der Lage, irgendwo eingesetzt zu werden. Bildung können sich aber viele nicht leisten, und dann verdienen sie wiederum auch nichts und können sich auch keine Bildung für die Kinder leisten, die ohnehin mit in der Landwirtschaft helfen müssen, damit man irgendwie überleben kann. Obendrein wird in vielen Staaten die Situation immer dramatischer, Klimawandel und anderen Faktoren sei „Dank“.
Wir hatten im Wochenrückblick mal ein paar gute Firmengründungsideen aus Afrika, aber das sind nur Tropfen auf heißen Steinen.
Wie wäre es, wenn man statt Teile der Entwicklungshilfe zu überweisen, sie selbst in die Hand nähme, lokale bzw. regionale Unternehmen zu dort üblichen Preisen damit beauftragt, beispielsweise Infrastruktur (Straßen, Wasserleitungen, Glasfaser etc.) in solchen Staaten aufzubauen? Wird das so gemacht? Also dass wirklich das BMZ an solche Firmen herantritt und Aufträge vergibt? Ich hoffe doch. Aber in welchem Maße in Anteilen an der Entwicklungshilfe? Weiß das jemand?
Man muss doch ganz dringend mal Grundlagen dafür legen, dass sich dort überhaupt etwas entwickeln kann. Taiwan profitierte auch gewaltig davon, dass dort unter japanischer Kolonialherrschaft relativ gute Schienennetze ausgerollt wurden, auch wenn die Intention dahinter natürlich nur Ausbeutung war. In der derzeitigen Situation sieht es aber an vielen Orten der Erde nicht so aus, als würde dort irgendwer die Möglichkeiten haben, die Grundlagen zu legen.
Ein Großteil der NATO-Staaten (mit Ausnahme der USA, Kanadas, der Türkei, Albaniens und Montenegros, wenn ich mich nicht irre), sind ohnehin in der EU und werden sich ganz sicher nicht gegenseitig bekriegen. Und das gilt wohl auch für die anderen Mitgliedstaaten. Es gibt allerdings das eine Beispiel, das dagegen spricht: den Zypernkonflikt. Aber sowohl Griechenland als auch die Türkei waren zu dem Zeitpunkt des eigentlichen Ausbruchs schon NATO-Staaten und da hat die NATO nichts gebracht.
Ich bin der Meinung, dass die UN reformiert werden müssten, wie so ziemlich jeder ja auch sagt. Da ist so ziemlich jeder Staat der Welt vertreten und dort sollten Konflikte ausgetragen werden. Die UN müssen viel bedeutender werden, das Bündnis aller zur Friedenssicherung schlechthin. Eine immer weitergehende NATO-Erweiterung würde ja auch viele, viele Staaten umfassen und so letztendlich ein UN-ähnliches Konstrukt zur Friedenssicherung werden können, aber nur auf militärischer Basis.
Ich bin allerdings ein großer Freund der Interdependenztheorie nach Keohane und Nye, die (auch) aussagt, dass militärische Konflikte immer unwahrscheinlicher werden, je enger die Beziehungen zwischen Staaten (und anderen Akteuren) auf jeder Ebene und durch jeden Akteur werden, da die Konflikte somit auch immer teurer würden, nicht nur finanziell, sondern auch außen- soll heißen weltpolitisch. Militär ist nicht alles, die Sichtweise der Realisten und Neorealisten halte ich für zu beschränkt. Die Globalisierung sorgt dafür, dass immer mehr Beziehungen entstehen, international, transnational, intergouvernemental und von allen möglichen Akteuren ausgehend. Militärische Konflikte werden damit auch immer unwahrscheinlicher. Letzten Endes läuft das darauf hinaus, dass nur alle eingebunden werden müssen und die Wahrscheinlichkeit eines militärischen Konfliktes geht gegen Null.
Das muss man auch gar nicht nur auf Staaten beziehen, sondern es kann auch auf die Weltgesellschaft angewandt werden. Da könnte man jetzt aber ganze Bücher drüber schreiben und ich mache hier mal Schluss damit.
Kurz zur NATO: Ich halte sie für überkommen, da sie ihren eigentlichen Sinn in der bipolaren Welt, die es nicht mehr gibt, hinter sich gelassen und nun einfach ausreichend viele Konkurrenzgebilde hat (EU, (wirtschaftliche) Verträge etc.).
Danke für die Einblicke zu den Wirtschaftssanktionen gegen Russland!
Dass sie kaum etwas bringen, ist auch meine Meinung, ebenso dass man damit nur die Isolation und die autoritären Tendenzen verstärkt. Wenn man nicht mitspielen kann, dann bleibt man unter sich und findet den, der meint, dass man trotzdem ganz toll ist, natürlich super. Kein Wunder, dass so ziemlich jede in Russland relevante Partei und jeder relevante Politiker nationalistische Züge hat. Kann man Russland nicht einfach mit in alles einbinden, statt sie rauszuwerfen und sie zu isolieren? Damit sind wir wieder bei der Interdependenztheorie.
Diese Umgehungsstrategien, die von Ämtern gefördert werden, sind eine wundervolle Anekdote!